Wenn ein Unugunu kommt by Korschunow Irina

Wenn ein Unugunu kommt by Korschunow Irina

Autor:Korschunow, Irina [Korschunow, Irina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Wir überlegten, was wir tun sollten. Thomas Hartung sagte: «Weißt du was, ich habe Geld. Dafür kaufen wir bei Hölz zwei Stück Mohnkuchen. Den geben wir ihm. Mohn macht müde, mit Mohn im Bauch schläft er bestimmt ein. Meine Mutter ist nicht da. Wir können ihn in unseren Keller stellen und in Ruhe weiterspielen.» Das haben wir getan, und alles wäre gutgegangen, wenn Puck nur endlich geschlafen hätte. Aber das Biest dachte nicht daran, und dann ist ihm von dem Mohnkuchen auch noch schlecht geworden. Er hat fürchterlich gekotzt und gejault, und ausgerechnet an diesem Tag ist die Mutter von Thomas früher als sonst nach Hause gekommen. Sie wußte, wo Puck hingehört. Sie hat ihn meiner Tante zurückgebracht, und Tante Hannelore hat ihren Herzanfall gekriegt.

Es war kein richtiger, glaube ich, denn zum Abendbrot hat sie schon wieder zwei große Knoblauchwürste gegessen. Aber sie behandelte mich wie einen Verbrecher, und Onkel Edwin wollte mich rausschmeißen. Schade, daß er es nicht getan hat. Dann hätte ich vielleicht bei Thomas Hartung wohnen können. Der ist nett, und seine Mutter auch. Sie fand die Sache mit Puck sehr komisch. Wenn sie geahnt hätte, warum er im Keller stand, wäre sie bestimmt nicht zu meiner Tante gelaufen. Damals haben Onkel Edwin und Tante Hannelore mir verziehen. «Wir wollen es vergessen, Eddi», hat Onkel Edwin feierlich erklärt. «Ich hoffe, mein Junge, du begreifst, was du deiner Tante angetan hast, und es wird eine Lehre für dich sein.»

Jetzt hat er die Geschichte wieder ausgekramt. Onkel Edwin vergißt nichts. Es war dumm von mir zu glauben, er würde uns helfen. Es tat mir leid, daß ich zu ihm ins Büro gegangen war.

Zu Hause machte meine Mutter die Tür auf.

«Hat heute morgen jemand geklingelt?» fragte ich.

Sie nickte. «Herr Hellkamp. Und der Hausmeister. Und ein Vertreter. Und Frau Kunzow. Der Hausmeister wollte wissen, woher der Gestank kommt.»

«Hast du ‹Hau ab, dummes Schwein› gesagt?» fragte ich.

Meine Mutter nickte wieder.

«Reinkommen», schnarrte das Unugunu. «Nicht reden. Monopoly spielen.»

Onkel Berg war weggetreten, und wir konnten nur zu dritt spielen. Es gab wieder eine große Mogelei. Aber wir machten es viel verbissener als beim erstenmal. Vor allem meine Mutter wurde richtig böse. Mit dem Unugunu konnte sie sich nicht anlegen, deshalb hackte sie auf mir herum. «Eddi, schlaf nicht, du bist nicht in der Schule», sagte sie, oder: «Falls du Gehirn im Kopf hast und kein Stroh» — lauter Gemeinheiten. So war sie noch nie gewesen.

Sie sah auch anders aus als sonst — dicke blaue Ringe unter den Augen, das Haar fettig und ungekämmt, die Schürze voller Flecken. Es paßte direkt zum Wohnzimmer, in dem immer noch die Scherben von dem Fußballspiel herumlagen, der Alpenveilchentopf, die Kaffeekanne, das Bild, die Tassen, Teller und Gläser. Daß meine Mutter nicht aufgeräumt hatte, war auch noch nie vorgekommen. Sonst machte sie meistens schon Ordnung, bevor sie in die Drogerie ging.

«Unsere Mutter ist der General, Meister Proper und der weiße Riese in einer Person», hatte mein Vater immer geulkt, wenn sie sich aufregte, weil wir unseren Kram überall herumschmissen und liegen ließen.



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